Was sind Verlustängste und wie zeigen sie sich?
Verlustängste gehören zu den Ängsten, über die weniger gesprochen wird. Inzwischen ist es in unserer Gesellschaft akzeptiert, dass jemand unter Höhenangst, Flugangst oder anderen konkreten Phobien leiden kann. Aber was sind Verlustängste und wie zeigen sie sich?
Die Angst vor Verlust taucht kaum auf. Liegt es vielleicht daran, weil bei dieser Angst meist andere Menschen direkt betroffen sind? Und weil die Art und Weise, wie sich Verlustangst äußert, stark schambesetzt ist? Weil ich selbst betroffen war, weiß ich, wie schlimm diese Angst empfunden werden kann.
Mit meiner Artikelserie über die Angst vor Verlust möchte ich dazu beitragen, Herz und Mitgefühl zu öffnen. Denn es ist ein Leiden, welches genauso berechtigt ist, wie andere Ängste, wenn man die Ursachen versteht.
In meinem vorigen Artikel: Die Angst vor Verlust: Wenn du starke Verlustangst fühlst, weint dein inneres Kind gehe ich darauf ein, wie es sich subjektiv anfühlt, unter dieser Angst zu leiden und wie wichtig es für Betroffene ist, mit Mitgefühl darauf zu reagieren.
In diesem Beitrag gehe ich auf die unterschiedlichen Ausprägungen von Verlustängsten ein.
Überblick Inhalte
Was sind Verlustängste?
Was sind Verlustängste? Verlustängste bezeichnen die Angst einer Person, etwas für sie wichtiges und wertvolles zu verlieren. In der Regel sind dies nahestehende Personen. Das können Familienmitglieder oder auch Freunde sein. In den allermeisten Fällen sind es jedoch die Beziehungspartner oder –partnerinnen.
Es entsteht eine große Angst davor, den geliebten Menschen zu verlieren. Die Angst, dass dieser Mensch plötzlich aus dem eigenen Leben verschwindet. Dabei gibt es sehr unterschiedliche Argumente der Betroffenen, aus welchen Gründen ein Verlust entstehen könnte.
Die unterschiedlichen Befürchtungen vor Verlust
Die unterschiedlichen Befürchtungen vor Verlust hängen von der Persönlichkeit und den frühen Erfahrungen der betroffenen Person ab. Es gibt diejenigen, die große Angst davor haben, dass sie ihren Partner durch Unfall oder Krankheit und schließlich Tod verlieren. Diese Verlustangst zeigt sich meist gegenüber Familienmitgliedern.
In der Liebesbeziehung wirken eher andere Verlustängste. Eine Variante ist die Angst vor Verlust durch Betrug. Die Betroffene befürchtet, dass ihr Partner sie belügt und betrügt und sie wegen einer anderen Frau verlässt.
Und eine weitere Form ist der befürchtete Verlust wegen der eigenen gefühlten Minderwertigkeit. „Er wird mich verlassen, weil ich nicht gut genug, nicht schön genug, nicht attraktiv genug, usw. bin“ sind typische Gedanken einer Frau, die wenig Selbstwertgefühl hat und daher ihre eigene gefühlte Wertlosigkeit als Begründung für den erwarteten Verlust nimmt.
In der Paarbeziehung kommt es auch sehr häufig vor, dass die unterschiedlichen Befürchtungen kombiniert sind und sich ergänzen – je nach anstehender bzw. erlebter Situation. Die Frage: „Was sind Verlustängste“ lässt sich hier auf einen Nenner bringen.
Denn alle unterschiedlichen Befürchtungen haben folgendes gemeinsam: Die große Angst, verlassen zu werden. Die große Angst, allein gelassen zu werden. Die große Angst, nicht gewollt zu sein.
Wie zeigen sich Verlustängste?
Wie zeigen sich Verlustängste? Die Antwort ergibt sich quasi aus den oben geschilderten Varianten der Befürchtungen. Dabei unterscheide ich zwischen den interpersonalen Anzeichen (also den Symptomen, die sich gegenüber der anderen Person direkt ausdrücken) und den intrapersonalen Anzeichen (den Symptomen, die ausschließlich innerlich von der betroffenen Person wahrnehmbar sind).
Beginnen wir mit den interpersonalen Symptomen:
Kontrolle
Kontrolle ist die reflexhafte Gegenreaktion auf die starke Angst vor Verlust. Im Grunde ein ganz natürlicher Impuls. Allerdings ist er für beide Personen oft sehr quälend. Die ängstliche Person hat den starken Drang und manchmal sogar Zwang, den Partner und das, was er tut, zu kontrollieren.
Denn das Ungewisse, das vom Partner Verborgene stellt eine große Bedrohung dar. Ausfragen oder sogar Verhöre, was er wann, wie, wo und mit wem gemacht hat, sind dann an der Tagesordnung.
Klammern
Versteckte Kontrolle kann sich auch im Klammern ausdrücken. Sämtliche Zeit miteinander verbringen steht hier im Mittelpunkt. Alles teilen, alles zusammen machen gibt scheinbare Sicherheit. Und es bieten sich entsprechend weniger Bereiche, in denen der Partner nicht kontrolliert werden kann.
Aber auch die Angst vor dem Alleinsein drückt sich hier aus. Der eigene Wert wird von der Anwesenheit des Partners abhängig gemacht. Je mehr der Partner bei mir sein will, umso wertvoller bin ich – so die Schlussfolgerung. Entsprechend fällt es schwer, den Partner etwas alleine machen zu lassen. Es wird eher gefordert, alles gemeinsam zu machen.
Suche nach Bestätigung
Aus dem mangelndem Selbstwertgefühl ergibt sich häufig auch eine Suche nach Bestätigung vom Partner. Entsprechend kommt es vor, dass Bestätigung eingefordert wird, weil der Partner das ausgleichen soll, was selbst nicht gefühlt werden kann: Das Gefühl, wertvoll und liebenswert zu sein.
Allerdings fällt die Bestätigung nicht auf fruchtbaren Boden, sondern es ist eher ein Fass ohne Boden, wo alles durchfällt und im Herzen gar nicht ankommt. Selbst, wenn der Partner noch so bemüht ist, seine Liebe zu beteuern. Und so kann die Suche zur Sucht werden.
Eifersucht
Bei der Angst vor Verlust durch Verlassen werden ist es nur logisch, dass sich Eifersucht zeigt. Eifersucht auf die bekannten Frauen im Leben des Partners, aber auch auf die unbekannten. Denn theoretisch stellt jede attraktive Frau eine Bedrohung dar.
Das Gefühl der Eifersucht kann sich sehr heftig zeigen und ist für die Betroffene extrem schambesetzt. Zudem äußert sie sich meist mit den Begleitsymptomen wie Kontrolle und Sucht nach Bestätigung.
Anpassung und übertriebene Fürsorge
Auf etwas leiseren Sohlen zeigen sich Anpassung und übertriebene Fürsorge als Ausdruck von Verlustangst. Hier wird versucht, es dem Partner so schön und angenehm wie möglich zu machen. Und oft werden eigene Bedürfnisse oder Impulse unterdrückt, zurückgenommen, verdrängt.
„Wenn ich mich so gebe und zeige, wie ich wirklich bin, könnte ich eine Zumutung sein.“ ist der versteckte Gedanke dahinter. Die Angst vor Ablehnung und nicht mehr Gewollt sein ist so groß, dass ein Teil der eigenen Persönlichkeit nicht wirklich gelebt wird. Stattdessen wird sehr viel getan, um es dem anderen recht zu machen.
Die intrapersonalen Symptome sind erstmal nur für die betroffene Person wahrnehmbar. Deswegen sind sie aber nicht minder schmerzvoll. Als ehemalige Betroffene weiß ich, dass sich die inneren Vorgänge mindestens ebenso schmerzhaft anfühlen. Und da sie in bestimmten Phasen oft permanent aktiv wirken, darf die Belastung nicht unterschätzt werden.
Selbstzweifel und Selbstverurteilung
Selbstzweifel und Selbstverurteilung stehen dabei an erster Stelle. Denn sämtliche Gedanken kreisen um die eigene Wertlosigkeit und Unzulänglichkeit. Denn sie werden als Gründe für einen bevorstehenden Verlust herangezogen.
In der Hoffnung, den befürchteten Schmerz irgendwie kontrollieren zu können, werden im Vorfeld alle Ursachen analysiert. Das Gefühl, nicht gut genug zu sein, steht hierbei im Mittelpunkt. Zusätzlich kommen noch Selbstverurteilung, Scham und Schuld, wenn es im Kontakt mit dem Partner nicht gelang, die eigenen Emotionen zu kontrollieren.
Gedankenkarussell
Verlustängste sind Ängste, die sich auf ein befürchtetes Ereignis in der Zukunft beziehen. Und um den eventuellen Schmerz schon vorwegzunehmen, in der Hoffnung, dann besser damit klar zu kommen, entsteht das Gedankenkarussell oder auch Kopfkino. In ihm landen alle Fantasien und Schreckensszenarien.
Alles, um ein Stückchen Kontrolle zu haben. Dabei sind diese Fantasien sehr schmerzvoll und quälend. Weil mit diesen Gedanken so viele bewusste und auch unbewusste Emotionen verknüpft sind, sind diese Kopfkinos so machtvoll und nicht mal eben abzustellen.
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Verlustangst ist für mich immer ein Ausdruck einer emotionalen Abhängigkeit. Denn wenn jemand unter Verlustangst leidet, wird der eigene Wert von der Anwesenheit und vom Verhalten eines anderen Menschen abhängig gemacht. Und aus dieser Abhängigkeit heraus wird agiert und reagiert.
Lies auch dazu meinen Artikel: Was ist emotionale Abhängigkeit? Und was bedeutet emotionale Abhängigkeit für die Selbstliebe?
Jetzt hast du einen Überblick, was Verlustängste sind und wie sie sich zeigen können. Natürlich gibt es immer auch sehr unterschiedlich starke bzw. schwache Ausprägungen. In diesem Beitrag Was tun bei Verlustangst? 2 Startegien zum Lösen und Heilen schreibe ich darüber, was es braucht, um Verlustängste zu heilen und wie man mit ihnen umgehen kann.
Mit der Meditation „Heilung von emotionalem Schmerz“ kannst du selbst schon vieles in die Heilung bringen.
Solltest du jetzt selbst stark unter der Angst vor Verlust leiden und fühlst dich gerade verzweifelt, dann lade ich dich ein, mir einfach davon zu erzählen. Kostenlos und unverbindlich. Du bist nicht alleine.
Alles Liebe.
Imke Köhler
Ich freue mich, dass du meinen Beitrag liest!
Ich bin Imke und ich möchte dich unterstützen, zu emotionaler Freiheit und mehr Selbstliebe zu finden.
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